Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte mit Urteil vom 20.12.2023 – 3 U 8/23 – die folgende Fallgestaltung aus zu urteilen:
Die Parteien stritten um die Erfüllung eines Vermächtnisses und um den Begriff „Barvermögen“.
In einem notariellen Testament aus dem Jahre 2018 hatte der Erblasser der Klägerin ein Vermächtnis dergestalt ausgesetzt, dass sie bei Eintritt des Erbfalls vorhandene „Barvermögen“ zu 1/3-Anteil erhalten sollte.
Es war jetzt wischen den Prozessparteien strittig, ob unter das Wort Barvermögen nur das lediglich vorhandenen Bargeld oder neben den gesamten liquiden Mitteln auch sämtliche Guthaben bei Kreditinstituten, Wertpapiere und Bargeld im engeren Sinne enthalten war.
Das Landgericht Oldenburg als Vorinstanz vernahm in diesem Zusammenhang auch den beurkundenden Notar als Zeugen.
Das Oberlandesgericht Oldenburg als Berufungsinstanz urteilte aus, dass über die sogenannte erläuternde Testamentsauslegung der wirkliche Erblasserwille bei der Errichtung zu erforschen war. Das Oberlandesgericht urteilt dabei aus, dass der Begriff des Barvermögens in der heutigen Zeit des überwiegend bargeldlosen Zahlungsverkehrs so zu verstehen ist, dass damit das Bargeld in engerem Sinne einschließlich der bei Banken befindlichen sofort verfügbaren Gelder zu verstehen ist.
Die Verkehrsanschauung des Begriffes „bar“ hat sich verschoben. Der Begriff des Bargelds umfasst heutzutage das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung, verfügbar ist. Im Gegensatz dazu fallen Wertpapiere nicht unter den Begriff des „Barvermögens“ sondern vielmehr werden Wertpapiere durch den erweiterten Begriff des Kapitalvermögens mit abgedeckt. Dieses Kapitalvermögen beinhaltet neben dem „Barvermögen“ weitere Kapitalwerte in Geld.
Im vorliegenden Rechtsstreit konnte die Klägerin nicht nachweisen, dass die Wertpapiere auch vom „Barvermögen“ gedeckt waren. Auch der Zeuge konnte nicht für das erkennende Gericht nachvollziehbar darlegen, dass das Wertpapiervermögen vom Begriff „Barvermögen“ umfasst ist.
Ein sehr praxisrelevanter Fall, da immer wieder der Erblasserwille in Bezug auf das vermachte „Barvermögen“, „Geldvermögen“ oder „Bargeld“ strittig ist. Ich verweise auf eine Videoerläuterung von mir zum Thema „Geldvermächtnis“.
Es sollte jeder Erblasser, wenn er die Worte „Barvermögen“, „Geldvermögen“ oder „Bargeld“ in seinem Testament erwähnt, genau definieren, was aus seiner Sicht unter den Begriff fallen soll.
Bitte beachten Sie auch für den Fall, dass Sie spezielle Guthabenbeträge bei Banken an bestimmte Personen vermachen wollen, dass sich die IBAN verändern kann oder die Bank eventuell nicht mehr vorhanden ist. Auch hier sollte Vorsorge für diese Eventualität in der letztwilligen Verfügung getroffen werden.
Der vorliegende Fall ist ein weiteres Beispiel dahingehend, dass die beweisbelastete Partei nicht immer nachweisen kann, was sich nach ihrer Meinung in ihrem Anspruch befindet.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass per Internet / Formular keinerlei Rechtsberatung stattfinden kann.
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